Die ursprüngliche Wunde
Das Wunder geht für mich gerade weiter. Gestern sah ich mir Lindys Video über „Core wounds“ (tiefste Wunden) an und wusste sofort, dass es mich betreffen würde. Heute morgen habe ich eine von ihr vorgeschlagene Übung durchgeführt. Ich habe versucht, zum Kern meiner Wunde vorzudringen.
Wie Lindy sagte, ist das Entscheidende, dass man plötzlich *weiß*, wenn man beim entscheidenden Knackpunkt angekommen ist. Man spürt es an der Intensität der Gefühle, und es ist wie ein Wiedererkennen.
Nun, ich habe heute begriffen – emotional begriffen und akzeptiert -, dass ich tatsächlich eine (biologische) Zwillingsschwester hatte. Umkreist hat mich der Gedanke schon viele Jahre, aber ein Teil von mir wollte es nicht glauben.
Ich habe heute die tiefe Trauer um sie verspürt. Denn sie ist nie geboren worden. Sie war da. Und dann hat sie mich verlassen. Einfach so.
Und was vielleicht das Wichtigste ist: niemand hat je von ihr gewusst. Außer mir.
Kein Wunder, dass ich lange Jahre Angst hatte, verrückt zu werden.
Aber noch viel entscheidender war, dass ich als ungeborenes Wesen vollkommen, vollkommen allein mit dieser Verlustsituation war.
Am Anfang war das Trauma
Ich habe mich lange mit Trauma beschäftigt. Dies ist mein ursprüngliches Trauma. Meine tiefste Angst. Mein größter Schmerz.
Ich hatte niemanden, der meinen Schmerz geteilt oder verstanden oder gemildert hätte. Im Gegenteil: mein Gefühl, dass da jemand gewesen ist, wurde immer freundlich-sachlich in Frage gestellt.
Heute habe ich mir zum ersten Mal gestattet, mir selber meine Gefühle zu erlauben. Kein Wunder, dass ich so scharf auf Bestätigung war. Ich brauchte einfach die Erlaubnis, so zu fühlen, wie ich fühle.
Nun habe ich mir selbst diese Erlaubnis gegeben.
Ich habe eine Schwester
Ich habe eine Schwester. Doch sie ist aktuell nicht auf dieser Erde.
Ich habe mit ihr gesprochen, und sie hat mir geantwortet. Und es ist alles gut. Alles.
Vor einigen Jahren ist sie mir schon einmal kurz begegnet. Ich weiß noch, wie ich spontan ausrief: „Da bist du ja endlich!“ Und wir hatten ein kleines Gespräch, in dem ich sie fragte, warum sie nicht da sei. Und sie antwortete: „Du brauchst mich nicht. Du sollst lernen, es allein zu tun.“
Ich begreife plötzlich, warum ich mich fühle, wie ich mich fühle. Woher dieses tiefe Gefühl der Verlassenheit und Ohnmacht kommt. Und die Angst vor beidem.
Doch ich habe heute mein inneres, noch ungeborenes, von Trauer überwältigtes Kind umarmt und geheilt.
Lindy spricht in ihrem Video auch davon, wie sehr sich unsere Kernwunde in unserem Leben manifestiert.
Ich erwähnte ja schon öfter, dass mein zweiter Sohn ein überlebender Drilling ist. Er hat zwei Geschwister verloren. Und er trauert um sie. Doch ich bin – jetzt noch mehr als vorher – in der Lage, ihn dabei zu unterstützen.
Seelenfamilie
Es ist also kein Wunder, dass die Dualseelen- (oder genauer gesagt „Twin Flame“)-Thematik – denn dies ist das eigentliche Wort, das Resonanz in mir erzeugt – eine so zentrale Bedeutung für mich hat.
Ich glaube, dass meine Schwester diejenige ist, die andere als Zwillingsseele beschrieben haben. Ich kann spüren: sie ist wie ich.
A. nannte sie unseren Bruder (was mich überhaupt nicht überraschte). Er habe versprochen, in diesem Leben für mich da zu sein.