Von Natur aus würde ich mich als positiven Menschen bezeichnen. Ich neige dazu, anderen Mut zu machen, das Positive zu sehen, an das Gute zu glauben. Eigentlich halte ich (fast) immer die Fahne hoch. Grad habe ich dazu keine Lust mehr. Saturn pfeift auf dem letzten Loch, und ich habe gestrichen die Nase voll von diesem alten Sack.
Keine Sorge – wenn du nicht verstehst, wovon ich spreche: ich werde es gleich erklären. Überhaupt muss ich öfter mal Übersetzungsarbeit leisten, denn in den letzten Jahren habe ich mich immer mehr der astrologischen Symbole bedient. Leider versteht die nicht jeder.
Saturn ist ein astrologischer Archetyp: der alte, gestrenge Vater, Mentor oder Lehrer, der einem immer wieder auf die Finger haut, bis man seine Lektion gelernt hat. Er hat 2020 eine alles überragende Rolle gespielt und mit dazu beigetragen, dass wir uns alle an diese besch… Regeln und Restriktionen halten mussten.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Das ist Saturn, wie er leibt und lebt.
Ungeliebter Lehrmeister
Saturn hat sich in den letzten Jahren als der Lehrmeister für mich herausgestellt. Er scheint omnipräsent zu sein. Ich bin sogar an einem Satur-day (Samstag) geboren. Großes Kino.
Wird es dich überraschen, dass ich nichts mehr verabscheue als Begrenzungen? Und, unter uns gesagt – meine Selbstdisziplin ist unterirdisch. Nichts, womit Saturn mich davonkommen ließe.
In genau solche saturnischen Begrenzungen bringt mich A jetzt. Oder sollte ich sagen „zwingt“? Er hat schon oft den gestrengen Saturn für mich verkörpert.
„Mitgefangen, mitgehangen“ scheint das Wort der Stunde.
Letzte Grade – Meistergrade
Morgen früh gegen 5 Uhr wechselt Saturn von seiner mächtigsten, geradezu unbezwinglichen Position im Steinbock endlich, endlich (!!!) in den Wassermann, wo wir hoffentlich ein wenig mehr Innovationsfreude und Freiheitsliebe erwarten können. Im Steinbock, seinem „Domizil“, wo er sich gerade noch befindet, ist er so konservativ, stur, hart und humorlos, wie wir uns ihn nur vorstellen können. Disziplin, Grenzen, Regeln – das ist, was er von uns fordert. Und Saturn versteht keinen Spaß.
Nun gelten die letzten Grade eines Sternzeichens immer als die intensivsten. Anders gesagt: sie verkörpern die Meisterschaft. Daher können wir guten Gewissens sagen, dass Saturn sich in diesen Stunden am Höhepunkt seiner Macht befindet. Nur nicht mehr lange. GOTT SEI DANK!
Doch gerade tut es nochmal richtig weh. Ich könnte platzen vor Ärger. Es fällt mir schwer, meinen inneren Rebellen auch nur halbwegs zu beruhigen.
Worüber ich mich so aufrege?
Umgezogen
A hat sich heute, nachdem er gestern ins Heim umgezogen war, erfolgreich über Skype zurückgemeldet. So weit, so gut.
Mit der geringfügen Einschränkung, dass während unseres 45 Minuten-Gesprächs vier (!) Personen mehr oder weniger ungefragt ins Zimmer kamen. Am Nachmittag unternahmen wir dann einen weiteren Versuch, diesmal nicht mal zehn Minuten, und wieder platzte jemand herein.
Beziehung scheint hier nicht vorgesehen zu sein.
Das sind Momente, wo dicke Wut in mir hoch kocht. Irgendwie will ich auch ärgerlich sein und „siehste!“ sagen. „Du wolltest es ja so!“
Ein Teil von mir schmollt offenbar immer noch. Nun gut. Dann ist das wohl so.
Fremde Spielregeln
Aber vor allem fühle ich mich – wenn auch indirekt – in Spielregeln gepresst, die nicht die meinen sind. Und auch wenn es rachsüchtig ist: als A meinte, er sei heute nicht zum Ausruhen gekommen, weil ständig jemand was von ihm wollte, konnte ich mich einer gewissen Genugtuung nicht erwehren.
Ich sehe noch immer nicht, wie ein so freiheitsliebender Mensch wie A in einer so eng strukturierten Tagesorganisation zurechtkommen soll. Und ich muss mir wirklich auf die Zunge beißen, um keine bösen Kommentare abzugeben.
Keine Ahnung, warum ich das gerade aufschreibe. Vielleicht um zu sagen: wir sind nicht immer heilig und gütig und liebevoll. Gerade könnte ich ihn ungespitzt in den Boden rammen für diese Entscheidung. Bei allem Verständnis. Die Wut bleibt.
Privatsphäre
Ich halte dem Ganzen zugute, dass es am Anfang sicher einiges zu regeln gibt. Geschenkt. Aber wenn ich das Gefühl habe, dass unsere Privatsphäre ständig durchbrochen wird, werde ich echt sauer.
Keine Ahnung, ob Ihr das nachvollziehen könnt. Manchmal denke ich, Saturn und ich haben ein ganz spezielles Verhältnis. Irgendwie bin ich noch immer nicht bereit, mich seiner Macht zu beugen. Ironisch genug, dass ich von Steinböcken umzingelt bin. A ist einer davon. Die repräsentieren die Saturn-Energie.
Und so kaue ich weiter auf dieser beschissenen Lektion herum, ärgere mich grün und blau und genieße auf merkwürdige Weise den Ärger. Fühlt sich ein bisschen wie ein Trotzanfall einer Dreijährigen an. Aber was soll´s. Nach so einem Jahr kann man sich auch mal einen Trotzanfall leisten.
(Und erinnern wir uns: eigentlich heißt es nicht mehr Trotz-, sondern Autonomiephase. Und genau darum geht es ja!)
Unsere eigene kleine Welt
Überhaupt beobachte ich ein merkwürdiges Phänomen zwischen uns: solange wir alleine in unserer „Blase“ sind, sind die Dinge meist harmonisch. Gelangen wir in Kontakt mit unserer Umwelt, knirscht es im Gebälk.
Das habe ich sonst noch nirgends erlebt. Fast scheint es, als existierten zwei Welten: unsere eigene und die „da draußen“. Beide wollen einfach nicht zusammen passen.
Bockig
Wenn es nach mir geht, Saturn, kannst du dich jetzt getrost verpissen. Du hattest deinen Spaß. Ich jedenfalls weine dir keine Träne nach, wenn du dich endlich in andere Gefilde verziehst. Wer sagt eigentlich, dass wir immer vernünftig und erwachsen sein müssen?
Ich geh jetzt bocken. So richtig ausführlich und mit Genuss. Steinbock kann ich auch.
Man gönnt sich ja sonst nichts.
Nachtrag: Am Morgen danach
In den letzten Tagen sprach ich mit einer Bekannten darüber, wie immer wieder Elternthemen in Seelenpartnerschaften auftauchen, um geheilt zu werden. Mir ist heute morgen klar geworden, dass dies genau so ein Elternthema ist.
Wie begegne ich „Autoritäten“? Folge ich den Regeln anderer oder trete ich für meine eigenen Bedürfnisse ein? Meine erste Reaktion war kämpferisch. Was darauf hindeutet, dass es ein altes Trauma berührt. Werden diese Traumen getriggert, versetzt uns das in „fight or flight“.
Doch dahin möchte ich gar nicht gehen. Ich möchte für das eintreten, was wir in unserer Partnerschaft brauchen. Auch in einem Pflegeheim. Immerhin sind wir erwachsen – oder? 😉