Heute hatte ich ein Erlebnis, das mich ziemlich aufgewühlt hat. Ich habe einen Mann wieder getroffen, dem ich vor einigen Monaten auf einer Party begegnet bin. Aber vielleicht erzähle ich besser alles von Anfang an.
Rückblende. Es ist Herbst 2017. Mein Bruder ist gerade für ein paar Tage zu Besuch. Dumm, dass ich ausgerechnet jetzt von einer neuen Bekannten auf eine Party eingeladen werde. Ich überlege kurz, die Party abzusagen oder in voller Mannschaftsstärke (einschließlich vier Kindern) dort aufzuschlagen. Schließlich entschließe ich mich, für zwei Stunden alleine dort hinzugehen.
Die Kostümparty ist gut besucht. Ich kenne außer der Gastgeberin nur eine weitere Frau und versuche, mich so gut es geht unter die Gäste zu mischen, die sich alle offenbar seit Jahrzehnten kennen.
Nach einer Weile fällt mir ein Gast mit einem Mexikanerhut auf. Ich weiß nicht, was meine Aufmerksamkeit erregt, aber aus irgendeinem Grund macht er mich neugierig. Ich finde ihn nicht unbedingt attraktiv, aber ich ertappe mich dabei, dass ich immer wieder zu ihm hinüber sehe. Auch er wirft mir scheinbar neugierige Blicke zu, und nach einiger Zeit laufen wir uns am Buffet über den Weg.
Und wer bist du?
„And who are you?“ ist seine erste Frage. Ich spüre direkt, wie vielschichtig sie ist. Zudem wird mir bewusst, wie sehr ich in diesem eingespielten Freundeskreis auffallen muss, noch dazu, weil ich alleine bin. Wir unterhalten uns ein bisschen, und sein unverwandter Blick macht mich nervös. Er kommt mir so bekannt vor. Aber da wir erst seit fünf Jahren in England leben und die Zahl meiner Bekanntschaften übersichtlich ist, bin ich sicher, ihn noch nie gesehen zu haben.
Nach der Party verschwindet er wieder aus meinem Leben. Bis vor vier Wochen, als ich zum ersten Mal einen Yoga-Kurs besuche. Da die Stadt klein ist und meine Bekannte sich – wie auch dieser Mann (sein Name ist D.) – in spirituellen Kreisen bewegt, bin ich nicht allzu überrascht, auch ihn dort wiederzusehen. Trotzdem bin ich mir auf den ersten Blick nicht sicher, ob er es ist. Im Kostüm sah er doch etwas anders aus.
Nach der Stunde spreche ich ihn an, und wir unterhalten uns kurz. Er ist es tatsächlich.
Dritte Begegnung oder Begegnung der dritten Art
Heute nun die zweite Kurseinheit.
Da die Veranstaltung diesmal wesentlich früher startet als beim letzten Mal, quäle ich mich noch ziemlich müde und unlustig aus dem Bett. Ich liebäugle kurz mit der Möglichkeit, den Termin zu schlabbern, besiege dann aber meinen Schweinehund und fahre hin.
Ich suche mir einen Platz im Raum, lege mich auf meine Matte, schließe für einen Moment die Augen, und als ich sie wieder öffne, hat er sich neben mich platziert.
Mir ist das gar nicht so angenehm, und ich weiche dem Kontakt mit ihm eher aus. Vor allem seinem Blick. Dennoch bin ich mir seiner Gegenwart fast die ganze Zeit bewusst.
Die Yogalehrerin hat derweil ihre eigene Agenda und ordnet gegen Ende der Stunde eine Partnerübung an. Was soll ich sagen?! Sie weist natürlich uns beide an, die Übung gemeinsam zu machen. (Und wir sind ja gehorsam … 😉 )
Während der Übung fällt mir ein Amulett auf, das er trägt. Ich vermute, dass es eine spirituelle Bedeutung hat, und beim Zusammenpacken spreche ich ihn darauf an. Er erzählt, dass er Druide sei und auch schamanisch arbeite. Kurzum, wir sprechen eine ganze Weile über Spiritualität, und ich erwähne, dass ich eine merkwürdige, besondere Beziehung zu der Gegend habe, in der wir wohnen. Und dass ich mich frage, ob ich hier schon einmal gelebt habe.
Wahrnehmungen
Sein Blick ist auch dieses Mal unverwandt auf mich gerichtet. Ich fühle mich seltsam beobachtet von ihm. Er nimmt Dinge an mir wahr, das kann ich merken. So bemerkt er bei unserer „Ringkampfübung“ meine beiden Ringe; ich sehe, wie sein Blick von der einen Hand zur anderen wandert.
Und während wir uns unterhalten, halte ich mir auf einmal die rechte Hand auf den Kopf. Ich weiß nicht, warum ich es tue, aber sein Blick zeigt mir erneut, dass es ihm auffällt, und spontan schießen mir diverse Gedanken durch den Kopf. Meine Geste scheint etwas mit dem Kronenchakra zu tun zu haben. Ob ich es versuche zu schützen oder zu stimulieren – keine Ahnung. Aber ich nehme – sozusagen durch seine Augen – wahr, dass meine Handbewegung instinktiv geschah.
Nach einer ganzen Weile fasse ich mir schließlich ein Herz. Ich habe das Bedürfnis, ihm meine Empfindungen mitzuteilen. Und ich sage: „Es ist seltsam. Aber du kommst mir so vertraut vor.“ Er nickt und sagt: „Ja, das geht mir auch so. Das war schon auf der Party der Fall.“ Dann, nach einer Weile fügt er hinzu: „Es ist etwas in deinen Augen.“
Etwas in den Augen
Ich verspüre den Impuls, diesen fremden Mann zu umarmen und frage, ob ich das tun darf. Er sagt ja.
Als ich im Auto sitze und nach Hause fahren will, merke ich, wie mein Herz rast. Wir hatten kurz über Hexen und Vorleben gesprochen, und plötzlich habe ich das Gefühl, als hätte er etwas damit zu tun. Mit einem möglichen Vorleben.
Zu Hause angekommen, sprudelt alles nur so aus mir heraus – ich muss als erstes meinem Mann davon erzählen. Und während ich erzähle, merke ich, wieviel Angst in mir an die Oberfläche kommt. Überraschende Angst. Neue Angst. Neue Gefühle.
Ob dieser plötzlichen Nähe. Ob dieser Resonanz. Ob dieser Seite in mir, die er –vermutlich völlig nichtsahnend – in mir zum Vorschein bringt. In diesem Fall bin ich sicher, diesen Mann schon einmal gekannt zu haben. Gut gekannt. Bei A. hatte ich es eher vermutet.
Es ist nicht so intensiv wie mit A., aber auch bei ihm spüre ich dieses überraschende Vertrauen und Wohlwollen. Und obwohl mich sein Blick so zappelig macht, spüre ich, dass er mir nichts Böses will.
Gegenseitigkeit
Das, was mich vielleicht am meisten an dieser Begegnung beeindruckt hat, war seine prompte Zustimmung. Seine Bestätigung meiner Wahrnehmung. Die Gegenseitigkeit. Und dass das Erkennen wieder einmal über die Augen geschah.
Ansonsten ist es für mich einfach ein weiteres Indiz für eine Vermutung, die ich schon länger habe. Mein Mann und ich sind nicht „rein zufällig“ an diesem Ort gelandet, der mir gar nicht so richtig sympathisch war. Aber wenn ich ausgerechnet hier jemanden (wieder?!) treffe, der mir so vertraut ist, spricht einiges dafür, dass wir vielleicht wirklich schon einmal gemeinsam hier gewesen sind.
Und wie interessant: als ich meinem Mann von dieser Begegnung berichtete, fasste er sich plötzlich an die Stirn. Ich fragte ihn, was los sei. Er antwortete, er habe ein intensives Brennen verspürt. Dort, wo sich das dritte Auge befindet. Und er sagte plötzlich, ich sei einmal eine deutsche Adelige gewesen. Eine Kräuterfrau.
All dieses Zeugs ist manchmal ganz schön gruselig.
Drei Tage später. Ich lese noch einmal meinen eigenen Artikel. Da bleibe ich an folgendem Absatz hängen:
„… als ich meinem Mann von dieser Begegnung berichtete, fasste er sich plötzlich an die Stirn. Ich fragte ihn, was los sei. Er antwortete, er habe ein intensives Brennen verspürt.“
Dieses „intensive Brennen“ springt mich an – und erzeugt in mir ein unangenehmes Gefühl der Aufregung. Genauer gesagt ein Bild.
Kräuterfrau. Vorleben. Wir hatten vorher von Scheiterhaufen gesprochen.
Plötzlich steigt Schmerz in mir hoch. Er ist mit D. verbunden.