In einem meiner letzten Beiträge habe ich davon berichtet, wie viel ich zittere, um altes Trauma aus dem Körper zu lösen. Dabei bin ich in den letzten Tagen körperlich durch massive Verschiebungen und Verzerrungen gegangen und habe sie quasi „rückwärts“ noch einmal durchlebt.
Von Tag zu Tag betrachte ich mich im Spiegel und kann mich nur wundern: meine Körperhaltung hat sich vollständig verändert. Vorbei sind die Zeiten, wo ich beständig die Beine durchdrückte, weil ich das Gefühl hatte, meine eigenen Beine tragen mich nicht. Von Tag zu Tag geht mein Körper tiefer in die Knie. Diejenigen unter euch, die Physiotherapeuten oder Ähnliches sind, werden diese Entwicklungen wahrscheinlich noch besser nachvollziehen können. Was ein verkürzter Psoas so alles anrichtet!
Und in diesem Prozess habe ich noch etwas anderes erfahren dürfen: meine Beine haben die Kraft, mich selbst zu tragen. Alles, was mich an dieser Erfahrung gehindert hat, war das Vermeiden der Zittererfahrung. Der Angst.
Doch dahinter steckt Lebenskraft pur. Ich spüre plötzlich, dass meine Beine ein echtes Bedürfnis haben zu rennen. Und dass das schlichtweg abgeklemmt war. Dass ich das irgendwann abgeklemmt habe. Weil es irgendwie sicherer schien.
Wie neu
Ich kann es nicht anders sagen: ich fühle mich wie ein neuer Mensch. Und auf gewisse Weise ist das wohl auch so. Das Geheimnis kommt allerdings wie immer von innen. Es nutzt nichts, den Körper äußerlich in eine neue Haltung „zwingen“ zu wollen, wenn die innere Verfassung dem nicht entspricht. Jetzt, wo ich die Ängste befreit habe, nimmt mein Körper nämlich völlig selbstverständlich diese andere Körperhaltung an. Und ich käme gar nicht mehr auf die Idee, zurück ins Hohlkreuz zu gehen.
Was ich noch spüre, ist die ungewohnte Anstrengung der Muskeln, die bisher wenig tun mussten. Aber noch eines habe ich beim Zittern gelernt: wenn ich akzeptiere, dass meine Muskeln bei Anstrengung beginnen zu zittern – und ich sie zittern lasse! – kann ich die Muskelanspannung erstaunlich lange halten. Vorher hatte ich immer das Gefühl, mir fällt gleich der Arm (oder das Bein) ab. Dabei habe ich eigentlich nichts weiter getan, als vor dem Zittern abzudrehen. Als ob das bähbäh wäre. In meinem Kopf durfte das nicht sein.
Befreit
Ich habe mich noch nie so befreit gefühlt von den Lasten der Altvorderen, und meinen eigenen. Ich beginne, wieder gut zu schlafen. Es rutscht noch immer viel nach, aber das kenne ich schon von früheren Prozessen. Was mich frappiert, ist zu erleben, wie sich mein gesamtes System buchstäblich neu sortiert. Kein Stein bleibt auf dem anderen. Es fasziniert mich, Zeuge dieses Prozesses zu sein.
Und ich begreife, was es wirklich bedeutet „loszulassen“. Loslassen ist das Gegenteil von Kontrolle. Loslassen ist Vertrauen in den Prozess. Sich fallen lassen. Mir gelingt dieses Fallenlassen immer nur schrittweise. Bis ich wieder an einen Punkt gelange, wo ich verkrampfe, sprich festhalte.
Der einzige Grund, warum unser Körper sich nicht selbstständig reguliert, ist, dass wir es ihm irgendwann verboten haben. Wir halten die Anspannung selbst zurück. Da kann es sich als Gnade erweisen, wenn wir durch eine so massive Krise gehen, dass es unsere (Festhalte-)Kräfte übersteigt. Denn endlich, endlich hat der Körper die Chance, seine Stimme zu erheben und selbst wieder die Führung zu übernehmen.
Danke, Körper, für deine unglaubliche Weisheit und Fähigkeit, dich selbst wieder in Ordnung zu bringen.